Wiki / Buddhismus
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Der lehrende Buddha Sakyamuny |
"Buddha" bedeutet "Erwachter" und bezieht sich auf die dauerhafte Erfahrung der Erleuchtung ("Erwachen"). Die Lehre Buddhas wird Dharma genannt.
Buddhismus in Stichpunkten
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Der Begriff Gott bezeichnet ein höheres Prinzip im Kosmos. Dieses Prinzip ist mit dem nor-
malen dualistischen Verstand nicht vollständig zu erfassen. Gott ist ein Mysterium, das man
in der Erleuchtung sieht und erfährt. Es gibt in den Religionen den persönlichen und den ab-
strakten Gottesbegriff. Manche Erleuchtete (Mystiker) erfahren Gott eher als Person und manche als höhere Dimension im Kosmos. Manche Menschen gelangen durch die Vorstel-
lung von Gott als Person und manche durch die Vorstellung von Gott als Nichtperson zur Er-
leuchtung, die wiederum mit verschiedenen Worten beschrieben wird (Licht, höhere Wahrheit, höheres Bewusstsein).
Im Buddhismus findet man eine abstrakte Gottesvorstellung. Das oberste Prinzip wird Nirwana genannt. Es wird erreicht durch die Erleuchtung (Bodhi) und bewirkt einen Austritt aus dem Samsara, dem Kreislauf des Leidens und der Wiedergeburten (Reinkarnation). Nirwana bedeutet "Erlöschen" (wörtlich "Ver-wehen") und bezeichnet das Auslöschen des Ich-Bewusstseins. Der Erleuchtete nimmt sich nicht mehr als getrennt von seiner Umgebung wahr. Er lebt mit seinem Bewusst-
sein in einer höheren Dimension aus Leere (Nichts) und Einheit (Fülle, Glück). Nirwana kann in den meisten Fällen nur erlebt und erfahren werden – als die Folge intensiver meditativer Schulung.
Nirwana, der Zustand von Arhat, der Zustand des Heiligen, stellt sich nicht nach dem Tod ein, sondern kann schon im Leben erreicht werden. Nirwana ist gleichbedeutend mit einem Leben in der Ruhe und im Glück. Ein Buddha lebt sanftmütig in einer Welt des Kampfes. Er verweilt suchtlos in einer Welt der Süchte. Er ruht leidbefreit in einer Welt des Leidens.
Atman ist ein Begriff aus der indischen Philosophie. Er bezeichnet das individuelle Selbst, die unzerstörbare, ewige Essenz des Geistes und wird häufig als Seele übersetzt. Nach hinduistischer Vorstellung ist der Mensch in seinem innersten Wesen eine unsterbliche Seele (Atman), die sich nach dem Tode des Körpers in einem neu in Erscheinung tretenden Wesen wieder verkör-
pert. Folglich ist der Tod nicht der Abschluss des Lebens, sondern lediglich der Übergang zu einer neuen Daseinsform.
Die buddhistische Lehre von Anatman (Anatta) erklärt das Nichtvorhandensein eines permanenten und unveränderlichen Selbs-
tes, eines festen Wesenskernes oder Seele. Was normalerweise als das "Selbst" betrachtet wird, ist danach nur eine Ansamm-
lung von sich konstant verändernden, physischen und psychischen Bestandteilen ("Skandhas"). Durch das Anhaften an die
Vorstellung, dass der jeweils erlebte, temporäre Zustand eine Art von unveränderlicher und dauerhafter Seele bildet, entsteht
Leiden. Die Lehre von "Anatta" versucht die Menschen zu ermutigen, sich vom unangebrachten Anklammern an das zu lösen,
was als fester Wesenskern betrachtet wird. Dadurch – unterstützt von ethischem Verhalten und Meditation – kann der Weg zur
Befreiung ("Nirwana") erfolgreich gegangen werden.1
Nach dem Buddhismus ist die Vorstellung, es gäbe ein "Ich", eine abgegrenzte Person, ein Selbst und eine Seele, bereits eine grundlegende Täuschung über das Wesen der Wirklich-
keit. [Hermann Oldenberg, Reden des Buddha, S. 214] Was die Menschen als ihr Selbst oder ihre Seele bezeichnen, ist ein ständig im Wandel begriffenes Zusammenspiel von Sinnesor-
ganen und Geistesformationen (Interessen, Willensregungen, Sehnsüchte und Tatabsichten). Aus diesem ständigen Wandel ergibt sich die Gesetzmäßigkeit des "bedingten Entstehens": jede Handlung gestaltet demnach die Welt neu.2
Für Buddhisten besteht keine Identität vom jeweils jetzigen Selbst mit dem Selbst, das es noch vor einigen Minuten gab; und es gibt auch keine Identität des Selbst, das gerade jetzt existiert, mit dem Selbst, das noch vor einigen Leben existierte. Verbunden sind sie nur durch eine Kontinuität der Veränderung, nicht jedoch durch eine feste Substanz. Das Selbst ist wie ein fließender Fluss, der schon eine Minute später ein anderer ist.
Wenn es nach dem Buddhismus kein festes Selbst gibt, keine dauerhafte Essenz einer Person, was wird dann wiedergeboren? Es ist der karmische Impuls, der die Verbindung zwischen den einzelnen Leben herstellt. Es gibt keine Substanz, die übertragen wird. Das Selbst ist wie eine brennende Kerze. Im Moment des Verlöschens wird eine neue Kerze an der Flamme entzündet.
Die Flamme (Gedankenstruktur) bleibt erhalten, die Kerze (Selbst) ist eine neue.
Die große Frage ist, was mit einem Buddha (vollständig erleuchteten Wesen) nach dem Tod geschieht. Buddha Shakyamuni (Siddhartha Gautama) hat diese Frage als spekulativ angesehen und nicht beantwortet. Wenn alle Bewusstseinsschwingungen (Gedankenimpulse) zur Ruhe kommen, müsste die Seele (Bewusstseinsflamme) sich in das große Bewusstseinsmeer der höch-
sten kosmischen Dimension auflösen (wenn die Idee stimmt, dass der Kosmos im Zentrum aus Bewusstsein besteht). Nur noch die Lehre eines Buddhas, sein symbolisches Vorbild und seine Anhänger (Sangha) bleiben auf der Erde zurück.
Swami Sivananda hat als erleuchteter Hindu die Frage mit einem Gebet beantwortet:
Andererseits lehrte er auch das Ziel, Nirwana zu erlangen. 4 Seiner Sicht nach kann eine erleuchtete Seele vollständig eins mit Brahman (Gott, dem Bewusstseinsmeer) werden und sich – buddhistisch gesehen – auflösen. Ein Erleuchteter kann aber die Entscheidung treffen, nicht vollständig ins höchste Sein (ins höchste Glück) einzugehen, sondern entweder im Jenseits aus Lie-
be zu seinen Mitwesen weiter zu existieren oder sich sogar wieder auf der Erde zu inkarnieren (Nitya Siddha). Ein Mahayana-Buddhist hat diese Entscheidung bereits getroffen. Solange es leidende Wesen gibt, wird er als Helfer (Bodhisattva) weiterleben.
Es besteht kein großer Unterschied zwischen der hinduistischen und der buddhistischen Seelentheorie, wenn man die Seele als ein Schwingungsfeld aus Gedanken und Gefühlen in einer höheren kosmischen Dimension ansieht. Diese höhere Dimension wird im Hinduismus Gott (Brahman, "Licht", Ursubstanz) genannt. In dieser Dimension existieren die Seelen. Sie sind Wasser-
tropfen oder Wellen in einem großen Meer aus ewigem Bewusstsein. Es gibt sie nur auf der Basis der Ursubstanz ("Licht", Be-
wusstsein, "feinstoffliche Energie", Informationsfeld). Sie sind Extraeinheiten im höheren Bewusstseinsfeld durch ihre Schwin-
gungen. Sie sind ein Schwingungsfeld (Quantenfeld) in einer höheren Dimension. Kommen die Gedankenschwingungen zur
Ruhe, entsteht göttliches Gewusstsein (Frieden, Glück). Der Mensch wird eins mit Gott.
Solange die Schwingungen noch ihr Bewusstsein als abgegrenztes Schwingungsfeld bewahren, existieren sie als eigenständi-
ge Seele. Wenn ein Schwingungsfeld sein Ich-Bewusstsein aufgibt, löst sich die Seele in die höhere Dimension (Brahman, Nir-
wana) hinein auf. Das ruhende Bewusstsein eines Erleuchteten kann als Schwingungspotential mit der Möglichkeit der Reakti-
vierung weiter erhalten bleiben. Nach der Lehre des Hinduismus kommt der Kosmos zyklisch ganz zur Ruhe. Am Ende aller
Zeiten lösen sich alle Seelen vollständig auf, um nach einer Ruhephase in einem weiteren kosmischen Schwingungstanz wie-
der neu zu entstehen. Übertragen werden in den Inkarnationen die Schwingungsimpulse, die jeweils in einem eigenständigen
Schwingungsfeld existieren. Eine Seele ist deshalb gleichzeitig ein Fließen von Impulsen (Anatman) und eine feste Einheit (Atman).
Der Hinduismus betont die Kontinuität der Seele und der Buddhismus die Eigenständigkeit der einzelnen Inkarnationen. Bei-
des ist gleichzeitig wahr. Es gibt Kontinuität verbunden mit Eigenständigkeit. Buddha hat den Schwerpunkt seiner Lehre auf
die Erleuchtung und das Erlöschen des Selbst gelegt. Deswegen betont er die Leerheit (das Nichtselbst, die Egolosigkeit).
Im Hinduismus wird die Fülle eines Erleuchteten hervorgehoben (viel Kraft, Liebe, Frieden, Weisheit, Glück). In der Erleuch-
tung gibt es Leerheit (Nichts, Egolosigkeit) und Einheit (Fülle, Glück) gleichzeitig. Je nach Geistesverfassung muss man sich
auf die Leerheit (Ruhe, Sein, Nichts) oder auf die Fülle (Buddhaschaft, umfassende Liebe) konzentrieren, damit man ins gro-
ße Glück des Nirvanas / der Erleuchtung gelangt.
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Links zum Thema Buddhismus / BuddhismLiteratur
Literature (engl.)
Externe Weblinks
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Audio and video links (engl.) |
Hawkins
1 Hans Wolfgang Schumann, Die großen Götter Indiens, S. 162, Ariston, 2004 ⇑
2 Hans Wolfgang Schumann, Die großen Götter Indiens, S. 140, Ariston, 2004 ⇑
3 Swami Sivananda, Göttliche Erkenntnis. Spirituelle Essays und praktische Anleitungen zu allen Aspekten des Lebens, S. 172, Mangalam, 2001 ⇑
4 Swami Sivananda, Sadhana. Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit, S. 348, Mangalam, 1998 ⇑