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2·2012


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Einladung

 

Bild

 

Besuch beim Großvater, spätes 18. Jht.
Louis-Léopold Boilly (1761-1845)
französischer Maler


 

 

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MEINE  F R A G E N  AN  DICH
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Die Einladung

 

Es ist ohne Belang, womit du deinen Lebensunterhalt verdienst.
Ich frage dich, wonach du dich schmerzlich sehnst?
Wagst du es, davon zu träumen, dass sich dein Herzenswunsch erfüllt?

 

Es ist ohne Belang, wie alt du bist.
Ich frage dich, ob du dich traust, wie ein Narr dazustehen,
um deiner Liebe und Träume willen und für das Abenteuer,
lebendig zu sein?

 

Es ist ohne Belang, welche Planeten im Quadrat zu deinem Mond stehen.
Ich frage dich, ob du den Kern deines innersten Schmerzes berührt hast?
Haben die Treuebrüche des Lebens dich empfänglich gemacht
oder bist du vor Kummer geknickt und
verweigerst dich aus Angst vor weiterem Leid?

 

Ich frage dich, ob du meinen und deinen Schmerz ertragen kannst,
ohne der Versuchung zu erliegen, ihn verbergen,
herunterspielen oder beseitigen zu müssen?

 

Ich frage dich, ob du meine und deine Freude annehmen kannst?
Kannst du ausgelassen tanzen und dich
von Kopf bis Fuß der Verzückung hingeben
ohne uns dabei das beschränkte menschliche Dasein vorzuhalten
oder uns zur Mäßigung zu ermahnen?

 

Es ist ohne Belang, ob die Geschichte, die du erzählst, wahr ist oder nicht.
Ich frage dich, ob du andere enttäuschen kannst, um dir selber treu zu sein?
Kannst du den Vorwurf ertragen, ein Verräter zu sein,
weil du deine eigene Seele nicht auslieferst?
Ich frage dich, ob du aus Gewissensgründen unzuverlässig
und daher vertrauenswürdig sein kannst?

 

Kannst du Schönheit würdigen, auch wenn
ihr Alltagsgesicht nicht wohlgefällig erscheint?
Kannst du dein Leben fortwährend neu
aus der Quelle des Großen Geistes schöpfen?

 

Ich frage dich, ob du meine und deine Niederlagen verkraften kannst
und unerschütterlich am Seeufer stehen bleibst,
um dem Silbermond dein beherztes "Ja!" zuzurufen?

 

Es ist ohne Belang, wo du wohnst oder wieviel Geld du hast.
Ich frage dich, ob du dich nach einer sorgenvollen, verzweifelten Nacht
– zermürbt und wund bis auf die Knochen – aufraffen kannst,
aufzustehen und die Kinder mit dem Nötigen zu versorgen?

 

Es ist ohne Belang, wer du bist und was dich hierher geführt hat.
Ich frage dich, ob du – mitten im Feuer – bereit bist,
mit mir standzuhalten, ohne dich zu entziehen?

 

Es ist ohne Belang, wo, was oder mit wem du studiert hast.
Ich frage dich, was dich im Innern erhält, wenn alles Äußere dir entgleitet?
Kannst du ohne Zeitvertreib mit dir allein sein?
Erträgst du auch in traurigen, einsamen Zeiten deine Nähe
und die der Gefährten, mit denen du dich gewöhnlich umgibst?

 

  Bild

 

Quelle: ► Oriah Mountain Dreamer (*1954) kanadische Dozentin, Poetin, Autorin,
Übersetzung EA, Einladung, Goldmann Verlag, 2004
Source: ► Oriah Mountain Dreamer (*1954) Canadian public speaker, poet, author,
The Invitation, HarperOne, San Francisco, 1st edition 21. April 1999

Wer kommt zu schauen

Wer kommt zu schauen, der wird in Augenschein genommen.
Wer kommt um zu tauschen, der wird getäuscht.
Wer fragend kommt, der wird befragt.
Wer schon wissend kommt, der wird durchschaut.
Wer prüfend kommt, der wird geprüft.
Wer berechnend kommt, der bekommt die Rechnung.
Wer wünschend kommt, von dem wird erwartet.
Wer zurückhaltend kommt, der wird zurückgehalten.
Wer zweifelnd kommt, an dem wird gezweifelt.
Wer fordernd kommt, von dem wird gefordert.

Wer sauber kommt, wird strahlen.
Wer liebend kommt, wird geliebt.
Wer tragend kommt, wird getragen.
Wer gebend kommt, dem wird gegeben.
Wer frei kommt, der wird frei gehen.

 

Anonym

If – Wenn

If  ♦  ·  ♦  ·  ♦  Wenn
If you can keep your head when all about you
Are losing theirs and blaming it on you,
If you can trust yourself when all men doubt you,
But make allowance for their doubting too;
If you can wait and not be tired by waiting,
Or being lied about, don't deal in lies,
Or being hated, don't give way to hating,
And yet don't look too good, nor talk too wise:
Wenn du den Kopf bewahrst, da rings die Massen
längst kopflos sind und geben Dir die Schuld,
dir treu sein kannst, wenn alle dich verlassen,
und siehst ihr Zweifeln dennoch mit Geduld;
kannst warten du und langes Warten tragen,
lässt dich mit Lügnern nie auf Lügen ein,
kannst du dem Hasser deinen Hass versagen
und doch dem Unrecht unversöhnlich sein:
If you can dream – and not make dreams your master;
If you can think – and not make thoughts your aim;
If you can meet with Triumph and Disaster
And treat those two impostors just the same;
If you can bear to hear the truth you've spoken
Twisted by knaves to make a trap for fools,
Or watch the things you gave your life to, broken,
And stoop and build 'em up with worn-out tools:
Wenn du kannst träumen, doch kein Träumer werden,
nachdenken und gleichwohl kein Grübler sein;
wenn dich Triumph und Sturz nicht mehr gefährden,
weil beide du als Schwindler kennst, als Schein;
kannst du die Wahrheit sehn, die du gesprochen,
verdreht zum Köder für den Pöbelhauf,
siehst du als Greis dein Lebenswerk zerbrochen
und baust mit letzter Kraft es wieder auf –
If you can make one heap of all your winnings
And risk it on one turn of pitch-and-toss,
And lose, and start again at your beginnings
And never breathe a word about your loss;
If you can force your heart and nerve and sinew
To serve your turn long after they are gone,
And so hold on when there is nothing in you
Except the Will which says to them: 'Hold on!'
Wenn du auf EINES Loses Wurf kannst wagen
die Summe dessen, was du je gewannst,
es ganz verlieren und nicht darum klagen,
nur wortlos ganz von vorn beginnen kannst;
wenn du, ob Herz und Sehne längst erkaltet,
sie doch zu deinem Dienst zu zwingen weißt
und durchhältst, auch wenn nichts mehr in dir waltet
als nur dein Wille, der "durchhalten!" heißt –
If you can talk with crowds and keep your virtue,
'Or walk with Kings – nor lose the common touch,
if neither foes nor loving friends can hurt you,
If all men count with you, but none too much;
If you can fill the unforgiving minute
With sixty seconds' worth of distance run,
Yours is the Earth and everything that's in it,
And – which is more – you'll be a Man, my son!
Kannst du zum Volke ohne Plumpheit sprechen,
und im Verkehr mit Großen bleibst du schlicht;
läßt du dich nicht von Freund noch Feind bestechen,
schätzt du den Menschen, überschätzt ihn nicht;
füllst jede unerbittliche Minute
mit sechzig sinnvollen Sekunden an:
Dein ist die Erde dann mit allem Gute,
und was noch mehr, mein Sohn: Du bist ein Mann!
Rudyard Kipling (1865-1936) English poet, short-story writer, novelist, Nobel laureate in literature, 1907, Rewards and Fairies, chapter "Brother Square Toes", 1910 and autobiography Something to Myself, 1937
Gedicht von Rudyard Kipling (1865-1936) britischer Dichter, Schriftsteller, Nobelpreisträger in Literatur, 1907, erschienen in: Rewards and Fairies, Kapitel "Brother Square Toes", 1910 und Autobiographie Something to Myself, 1937, übersetzt von Lothar Sauer, 1960

 

Source: ► Rudyard Kipling (1865-1936) britischer Dichter, Schriftsteller, Nobelpreisträger für Literatur, 1907, Rudyard Kipling: "If" /
"Wenn" oder: Die Tugenden eines Mannes
, präsentiert von dem Blogspot brunhild-krueger.de, 9. Juli 2009
Reference: en.Wikipedia entry "If"

Zitate zum Thema Einladung / Invitation

Zitate allgemein

Literaturzitate

  • Wenn du warten kannst und vom Warten nicht ermüdest
    Dein ist die Erde [dann] und alles, was auf ihr ist,
    und – was noch wichtiger ist – du wirst ein Mann sein, mein Sohn!
Gedicht von Rudyard Kipling (1865-1936) britischer Dichter, Schriftsteller, Nobelpreisträger für Literatur, 1907,
If / "Wenn" oder: Die Tugenden eines Mannes, 1895, veröffentlicht in der Gedichtesammlung Rewards and Fairies, 1910

General quotes

Personal avowals

  • I want to learn how to be here fully, in this body, in this world. And I want to live in a world infused with the power
    of the erotic-physical sensation inseparable from heart and soul that calls us to live. When we live erotically the mea-
    ning enfolded in our very cells is unfolded as we touch and are touched. This is beauty. Oriah Mountain Dreamer (*1954) Canadian public speaker, poet, author, The Invitation, HarperOne, San Francisco, 1st edition 21. April 1999

 

  • I wrote The Invitation because writing from my own experience and stories are life-giving to me. When I was on the book tours people would ask:
    "Did you think this was you mission?" or "Did you imagine it would become a bestseller?"
And I had to say,
"No – never imagined it, didn't think of myself or the book as having a 'mission'."
I was deeply grateful that others found it useful and that it sold so I could pay my rent – but whether or not something becomes a bestseller – that's none of my business. My business is to remember each day to turn my face toward what gives me life – and writing gives me life – and then I offer it to others and [...] whatever happens, happens. And the truth is, I can't even really know what happens. I can see the numbers, but what if only ten copies had sold, but the words in the book had touched and really helped one person? That could have been a Big Thing for them – but I wouldn't have ever known. And that would have been okay.
Oriah Mountain Dreamer (*1954) Canadian public speaker, poet, author, Facebook comment, 18. February 2011

Englische Texte – English section on Invitation

Essential questions to YOU

            The Invitation            

 

It doesn't interest me
what you do for a living.
I want to know what you ache for
and if you dare to dream of meeting your heart's longing.

 

It doesn't interest me
how old you are.
I want to know if you will risk looking like a fool
for love, for your dream for the adventure of being alive.

 

It doesn't interest me
what planets are squaring your moon...
I want to know if you have touched the centre of your own sorrow
if you have been opened by life's betrayals
or have become shrivelled and closed from fear of further pain.

 

I want to know
if you can sit with pain mine or your own
without moving to hide it or fade it or fix it.

 

Bild
Dandilion breaking through blacktop

I want to know
if you can be with joy mine or your own
if you can dance with wildness and let the ecstasy fill you
to the tips of your fingers and toes without cautioning us
to be careful, to be realistic, to remember the limitations of being human.

 

It doesn't interest me
if the story you are telling me is true.
I want to know if you can disappoint another to be true to yourself.
If you can bear the accusation of betrayal and not betray your own soul.
If you can be faithless and therefore trustworthy.

 

I want to know
if you can see Beauty even when it is not pretty every day.
And if you can source your own life from its presence.

 

I want to know
if you can live with failure yours and mine
and still stand at the edge of the lake and shout to the silver of the full moon, "Yes."

 

It doesn't interest me
to know where you live or how much money you have.
I want to know if you can get up after the night of grief and despair
weary and bruised to the bone and do what needs to be done to feed the children.

 

It doesn't interest me
who you know or how you came to be here.
I want to know if you will stand in the centre of the fire
with me and not shrink back.

 

It doesn't interest me
where or what or with whom you have studied.
I want to know what sustains you from the inside when all else falls away.

 

I want to know
if you can be alone with yourself
and if you truly like the company you keep in the empty moments.

 

Excerpted from: ► Oriah Mountain Dreamer (*1954) Canadian public speaker, poet, author,
The Invitation, HarperOne, San Francisco, 1st edition 21. April 1999
See also: ► Three archetypal wounds in trust and love – Mario Martinez
Siehe auch: ► Questions

 

We would rather forgive the evil proliferating all around us
than the rebellion against it, which we mistake for the true evil.

Arno Gruen (1923-2015) German-Swiss psychologist, psychoanalyst, critic of civilization, author,
The Betrayal of the Self. Fear of Autonomy in Men and Women, Grove Press, New York, 1st edition March 1988

God-madness

           The Call           

 

I have heard it all my life,
A voice calling a name I recognized as my own.
Sometimes it comes as a soft-bellied whisper.
Sometimes it holds an edge of urgency.
But always it says: Wake up, my love. You are walking asleep. There’s no safety in that!
Remember what you are, and let a deeper knowing color the shape of your humanness.
There is nowhere to go. What you are looking for is right here.
Open the fist clenched in wanting and see what you already hold in your hand.
There is no waiting for something to happen, no point in the future to get to.
All you have ever longed for is here in this moment, right now.
You are wearing yourself out with all this searching. Come home and rest.
How much longer can you live like this?
Your hungry spirit is gaunt, your heart stumbles. All this trying. Give it up!

Let yourself be one of the God-mad, faithful only to the Beauty you are.
Let the Lover pull you to your feet and hold you close, dancing even when fear urges you to sit this one out.
Remember, there is one word you are here to say with your whole being.
When it finds you, give your life to it. Don't be tight-lipped and stingy.
Spend yourself completely on the saying.
Be one word in this great love poem we are writing together.

Excerpted from: ► Oriah Mountain Dreamer (*1954) Canadian public speaker, poet, author,
The Call. Discovering Why You are Here, Element Books, 2. August 2004
Siehe auch: ► God-madness

 

Links zum Thema Einladung / Invitation

Literatur

Literature (engl.)

Externe Weblinks


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13.06.2023 um 14:46 Uhr

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